siehe auch: www.christophmause.de

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Christoph Mause zeigt Tiere in Schwierigkeiten. Kunststück, sie bewegen sich auf riskantem Terrain. Sie werden Akteure in einem künstlerischen Geschehen, welches banale Alltagsgegenstände: Hammer, Glühbirne, Warndreieck, Bretter, Seile in unbekannte Konstellationen versetzt. Die Tiere sind dabei die entscheidenden Protagonisten. Sie geraten in Konflikte mit den Dingen, die den Betrachter schmunzeln lassen. Mauses Humor spekuliert dabei auf eine gewisse Schadenfreude, gleichwohl verstrickt er seine Geschöpfe nicht in vordergründige Slapstick-Anekdoten. Wenn das Känguru über die Holzkisten hüpft, wird es sehr wahrscheinlich nicht die Papiertüte bemerken, die sich in den Parcours geschlichen hat. Wenn das Nilpferd seine sensible Position auf den Tennisbällen verändert, wird es wohl auf die Schnauze fallen. Die Fallen der Installationen von Mause sind noch nicht zugeschnappt, der Betrachter antizipiert, was kommen mag, es ist seine eigene Phantasie, die aus dem ruhenden Bild ein dramatisches Geschehen werden lässt.   Die ungewohnten Begegnungen von Tier und Ding zünden jenen „poetischen Funken“, den im 19. Jh. der französische Dichter Lautréamont durch die zufällige Begegnung einer Nähmaschine mit einem Regenschirm auf einem Operationstisch ausgelöst sah. Dieses Bild wurde zu einer Inspiration für den Surrealismus. Während dieser durch absurde Verbindungen und Verfremdungen von Dingen in eine Welt der Halluzination und des Traumes hineinführen wollte, mit dem Ziel der Entgrenzung unseres beschränkten Verständnisses von Realität, haben Mauses Erzählungen von Tier und Ding nichts mit Entführungen in traumatische Regionen zu tun. Im Gegenteil vollführen die Tiere unfreiwillig, aber vom Künstler gewollt, deiktische Akte. Dies sind der griechischen Tradition nach hinweisende, die Augen öffnende Gesten. Die missliche oder riskante Lage, in die sich die mit Modelliermasse und Farbschichten gestalteten Tierfiguren begeben, zeigt jederzeit etwas auf, was mit den plastischen Qualitäten der jeweiligen Dinge zu tun hat. Dabei lassen sich zwei Gegenstandsbezüge unterscheiden. Zum einen sind es Alltagsgegenstände, die auftreten, zum anderen elementare geometrische Formen in Gestalt von gelegentlich farbigen Hölzern, die Flächen oder Kuben bilden, oder von Seilen, Drähten oder Stangen, die Linien in den Raum zeichnen. Christoph Mause entwickelt auf diese Weise Bezüge zu zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen der modernen Plastik: der Objektkunst sowie der Minimal Art, welche plastische Kräfte in einfachen geometrischen Konstruktionen anschaulich macht.   In jedem Fall wird der Blick des Betrachters nach dem ersten Erfassen der Geschichte, die sich vor seinen Augen abspielt, auf subtilere Bereiche der Konstellation gelenkt. Die Begegnungen von Tieren und Dingen in Mauses Arbeiten thematisieren genuine Aspekte der Plastik: Dynamik und Spannung, Volumen und Proportion, Oberfläche und Material, Form und Bedeutung. Sie offenbaren Eigenschaften von Gegenständen, die wir an diesen gewöhnlich übersehen: der Besen als räumliches Objekt, bestehend aus einer Fläche und Linien unterschiedlicher Qualität und Anordnung. Dieses Objekt offenbart Ähnlichkeiten zu einem Vogel mit langem Schnabel, der davor hockt und selbst plötzlich, in seinem Verhältnis von Schnabel und Gefieder, etwas von einem Mob bekommt. Die Gestalt des Vogels sagt etwas über die Gestalt des Besens, diese wiederum etwas über diejenige des Vogels. Die vier Maulwürfe wiederum, die vier im Quadrat zueinander angeordnete, nach hinten kippende Bretter erklimmen und dabei das prekäre Gleichgewicht der abenteuerlichen Konstruktion durch ein gespanntes Seil in ihren Pfoten halten, verweisen auf die Druck- und Zugkräfte, die die Spannung der Plastik im Raum ausmachen. Andererseits verweist dieses riskante Gebilde aus Flächen und Linien wiederum auf die Maulwürfe, auf ihr für ihre üblicherweise unterirdischen Verhältnisse geradezu widernatürliches Verhalten, das überdies den Betrachter rätseln lässt, wie sie denn dieses Kletterkunststück gegen die Gesetze der Schwerkraft überhaupt hinbekommen haben.   In ihrer Begegnung werden die Tiere und die Dinge fremd. Aber erst in der Verfremdung offenbaren sie übersehene Eigenschaften. Die Abenteuer, in die Christoph Mause Tiere und Gegenstände schickt, sind auf diese Weise zugleich Lektionen, die von verborgenen ästhetischen Qualitäten unserer Alltagswelt berichten.
  (Ausstellungsraum der Abtei Königsmünster, Meschede, 1. Oktober 2006 - 26. November 2006, Katalogtext aus: Christoph Mause: Tiergeflüster. Objekte, Malerei, Zeichnungen. Ausstellungsraum der  Abtei Königsmünster,  Meschede.  Druck: C-Design, Belecke, 2006)
Texte Texte
400 Kugeln, 1992
Mausefallen, 1992
Känguru, 1992
Vier Maulwürfe, 1993
Hammer, 2006
Fünf Besen, 2006
CM 2024

CV

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Carl-Peter Buschkühle
Christoph Mause zeigt Tiere in Schwierigkeiten. Kunststück, sie bewegen sich auf riskantem Terrain. Sie werden Akteure in einem künstlerischen Geschehen, welches banale Alltagsgegenstände: Hammer, Glühbirne, Warndreieck, Bretter, Seile in unbekannte Konstellationen versetzt. Die Tiere sind dabei die entscheidenden Protagonisten. Sie geraten in Kon- flikte mit den Dingen, die den Be- trachter schmunzeln lassen. Mauses Humor spekuliert dabei auf eine gewisse Schadenfreude, gleichwohl verstrickt er seine Geschöpfe nicht in vordergründige Slapstick-Anekdoten. Wenn das Känguru über die Holz- kisten hüpft, wird es sehr wahr- scheinlich nicht die Papiertüte be- merken, die sich in den Parcours geschlichen hat. Wenn das Nilpferd seine sensible Position auf den Ten- nisbällen verändert, wird es wohl auf die Schnauze fallen. Die Fallen der Installationen von Mause sind noch nicht zugeschnappt, der Betrachter antizipiert, was kommen mag, es ist seine eigene Phantasie, die aus dem ruhenden Bild ein dramatisches Geschehen werden lässt. Die ungewohnten Begegnungen von Tier und Ding zünden jenen „poe- tischen Funken“, den im 19. Jh. der französische Dichter Lautréamont durch die zufällige Begegnung einer Nähmaschine mit einem Regen- schirm auf einem Operationstisch ausgelöst sah. Dieses Bild wurde zu einer Inspiration für den Surrea- lismus. Während dieser durch ab- surde Verbindungen und Ver- fremdungen von Dingen in eine Welt der Halluzination und des Traumes hineinführen wollte, mit dem Ziel der Entgrenzung unseres be-schränkten Verständnisses von Realität, haben Mauses Erzähl- ungen von Tier und Ding nichts mit Entführungen in traumatische Re- gionen zu tun. Im Gegenteil voll- führen die Tiere unfreiwillig, aber vom Künstler gewollt, deiktische Akte. Dies sind der griechischen Tradition nach hinweisende, die Au- gen öffnende Gesten. Die missliche oder riskante Lage, in die sich die mit Modelliermasse und Farb- schichten gestalteten Tierfiguren begeben, zeigt jederzeit etwas auf, was mit den plastischen Qualitäten der jeweiligen Dinge zu tun hat. Dabei lassen sich zwei Gegen- standsbezüge unterscheiden. Zum einen sind es Alltagsgegenstände, die auftreten, zum anderen ele- mentare geometrische Formen in Gestalt von gelegentlich farbigen Hölzern, die Flächen oder Kuben bilden, oder von Seilen, Drähten oder Stangen, die Linien in den Raum zeichnen. Christoph Mause entwickelt auf diese Weise Bezüge zu zwei unterschiedlichen Er- scheinungsformen der modernen Plastik: der Objektkunst sowie der Minimal Art, welche plastische Kräfte in einfachen geometrischen Konstruktionen anschaulich macht. In jedem Fall wird der Blick des Betrachters nach dem ersten Er- fassen der Geschichte, die sich vor seinen Augen abspielt, auf subtilere Bereiche der Konstellation gelenkt. Die Begegnungen von Tieren und Dingen in Mauses Arbeiten thema- tisieren genuine Aspekte der Plastik: Dynamik und Spannung, Volumen und Proportion, Oberfläche und Material, Form und Bedeutung. Sie offenbaren Eigenschaften von Gegenständen, die wir an diesen gewöhnlich übersehen: der Besen als räumliches Objekt, bestehend aus einer Fläche und Linien unter- schiedlicher Qualität und An- ordnung. Dieses Objekt offenbart Ähnlichkeiten zu einem Vogel mit langem Schnabel, der davor hockt und selbst plötzlich, in seinem Ver- hältnis von Schnabel und Gefieder, etwas von einem Mob bekommt. Die Gestalt des Vogels sagt etwas über die Gestalt des Besens, diese wiederum etwas über diejenige des Vogels. Die vier Maulwürfe wie- derum, die vier im Quadrat zuein- ander angeordnete, nach hinten kippende Bretter erklimmen und dabei das prekäre Gleichgewicht der abenteuerlichen Konstruktion durch ein gespanntes Seil in ihren Pfoten halten, verweisen auf die Druck- und Zugkräfte, die die Spannung der Pla- stik im Raum ausmachen. Andererseits verweist dieses riskan- te Gebilde aus Flächen und Linien wiederum auf die Maulwürfe, auf ihr für ihre üblicherweise unterirdischen Verhältnisse geradezu widerna- türliches Verhalten, das überdies den Betrachter rätseln lässt, wie sie denn dieses Kletterkunststück ge-gen die Gesetze der Schwerkraft überhaupt hinbekommen haben.   In ihrer Begegnung werden die Tiere und die Dinge fremd. Aber erst in der Verfremdung offenbaren sie übersehene Eigenschaften. Die Abenteuer, in die Christoph Mause Tiere und Gegenstände schickt, sind auf diese Weise zugleich Lektionen, die von verborgenen ästhetischen Qualitäten unserer Alltagswelt berichten.
Hammer, 2006
400 Kugeln, 1992
Känguru, 1992
Mausefallen, 1992
Vier Maulwürfe, 1993
Fünf Besen, 2006
  (Ausstellungsraum der Abtei Königsmünster, Me- schede, 1. Oktober 2006 - 26. November 2006, Katalogtext aus: Christoph Mause: Tiergeflüster. Objekte, Malerei, Zeichnungen. Ausstellungs- raum der  Abtei Königsmünster,  Meschede.  Druck: C-Design, Belecke, 2006)
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